Foto: Tanja Dorendorf via Stadttheater Oberhausen
Ich war gestern in Robert Wilsons und Tom Waits' Woyzeck-Interpretation, die nach der Uraufführung vor acht Jahren in Kopenhagen nicht mehr für neue Inszenierungen frei gegeben wurde. Irgendwie hat es der Regisseur Joan Anton Rechi geschafft, eine Freigabe zu bekommen. Wahrscheinlich hat er Tom Waits verschwiegen, wo das Stück aufgeführt wird.
"Das kann doch nur scheiße sein", murmelte ich, "und dafür noch nach Oberhausen fahren?"
"Sei doch nicht so negativ eingestellt", sagte SIE, "das kann doch auch toll sein."
"Wie kann das gut sein? In Oberhausen? WOyzeck als Musical?"
"Mach doch nicht gleich alles schlecht."
"Die Darsteller singen wahrscheinlich wie Ute Lemper." Ich hatte gerade Lust, alles schlecht zu machen.
"Lass Dich doch einfach überraschen." Überraschungen mag ich überhaupt nicht, das weiß sie.
Ziemlich klein, das Oberhausener Stadttheater. So wie die Stadt. Das ist jetzt aber auch das einzig negative, das ich sagen kann. Ich habe Woyzeck als Stück wiedererkannt. Das passiert mir selten in Neuinszenierungen. Niemand war nackt, und Fäkalien spielten eine nur untergeordnete Rolle. Die Geschichte war rund und spannend erzählt, ganz anders als die holprige Bühnen- und Lesefassung, durch die man sich in der Schule hindurchinterpretieren musste. Okay, die Schauspieler konnten kein Englisch und auch nicht richtig singen - von letzterem ist aber auch Tom Waits meilenweit entfernt - dafür passte deren streckenweise sehr ausgeprägter teutonischer Akzent gut zur Wait'schen Musik. Und die war, soweit ich das beurteilen konnte, sogar live gespielt; zum Glück kein typisches Musicalgeschmalze, wenn manchmal auch hart an der Kitschgrenze. Das Bühnenbild gefiel mir besonders gut. Ein rundum mehr oder weniger einsehbares Puff-Cubicle auf der Drehscheibe. Toll war auch, dass alle Oberhausener - wahrscheinlich im Kulturhauptstadt 2010-Wahn - mitgemacht und ihre Häuserfassaden an das Bühnenbild angepasst haben. Sogar mein Ponyfrisurenfetisch wurde bestens bedient. Was wollt ihr mehr?
(ER)
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